Nachdem die Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 im November gescheitert sind, kam es beim Ratsgipfel am 7./8. Februar zwischen den Staat- und Regierungschefs schließlich zu einer Einigung. Der Finanzrahmen muss auch vom Europäischen Parlament abgesegnet werden. Eine Zustimmung knüpft das Parlament aufgrund der massiven Kürzungen allerdings an Bedingungen.

Massive Kürzungen im Haushalt

Ein Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) soll langfristige politische Positionen festsetzen und eine verantwortungsvolle Finanzplanung gewährleisten. Es geht nicht um irgendwelche Zahlen, sondern um den Handlungsspielraum der Europäischen Union für die nächsten sieben Jahre. Es geht darum, wie viel Mittel für Jugendbeschäftigung, Austauschprogramme wie ERASMUS, Entwicklungszusammenarbeit und Kohäsionspolitik zur Verfügung stehen. Diese Mittel sollen, geht es nach den Staats- und Regierungschefs, massiv gekürzt werden.
Kommission und Parlament forderten für die Jahre 2014-2020 mindestens rund 1.045 Milliarden Euro an Verpflichtungsermächtigungen, im Durchschnitt würde dies einem Betrag von rund 149 Mrd. Euro jährlich entsprechen. Beim Gipfeltreffen einigten sich die Nationalstaaten nun auf Verpflichtungsermächtigungen von rund 960 Milliarden Euro. Das entspricht im Vergleich zu den geforderten Mitteln der Kommission einer Kürzung von 85 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Zeitraum 2007-2013 wird der EU-Haushalt für die kommenden sieben Jahre um über 30 Milliarden Euro gekürzt – trotz einer Finanz- und Wirtschaftskrise und trotz 5,5 Millionen europäischen Jugendlichen ohne Arbeit.

Zustimmung des Parlaments erforderlich

Der Mehrjährige Finanzrahmen muss nach der Einigung im Rat nun auch vom Europäischen Parlament abgesegnet werden. Parlamentspräsident Martin Schulz warnte im Vorfeld der Verhandlungen bereits vor einer Ablehnung von Seiten des Parlaments, sollte der Rat den Rotstift zu stark ansetzen und sich vom Kommissionsvorschlag allzu weit entfernen. Viele andere Stimmen warnten ebenfalls vor zu großen Einschnitten. Der Rat würde die EU in eine Schuldenpolitik treiben und Wachstumspolitik verhindern. Aufgrund der Unterschiede zwischen den Zahlungs- und Verpflichtungsermächtigungen im EU-Haushalt gibt es jetzt teilweise schon unbezahlte Rechnungen. Die jetzige Einigung würde diese Situation noch verschärfen und könnte die EU in eine rechtlich unsichere Situation bringen, da der Lissabonvertrag eindeutig ein ausgeglichenes Budget auf EU-Ebene vorsieht. Zudem könne die Union ihre selbst festgesteckten Ziele (EU 2020, Jugend- und Beschäftigungspakt) nicht mehr erreichen.
Von den größten Fraktionen im Europäischen Parlament wurde nun auch eine gemeinsame Erklärung zum Gipfeltreffen veröffentlicht:
 

Die wahren Verhandlungen beginnen jetzt mit dem Europäischen Parlament

Gemeinsame Erklärung von Joseph Daul (EVP-Fraktion), Hannes Swoboda (S&D-Fraktion), Guy Verhofstadt (ALDE-Fraktion) sowie  Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit (Fraktion der Grünen)

Die Vorsitzenden der vier grössten Fraktionen im Europäischen Parlament geben folgende gemeinsame Erklärung zum Europäischen Gipfel ab:

„Die Priorität des Europäischen Parlaments ist der Ehrgeiz, Wachstum und Investitionen in der EU zu fördern, und dadurch dazu beizutragen, dass die EU die Krise dauerhaft hinter sich lassen kann.

Diese Einigung wird die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft nicht stärken. Sie liegt damit nicht im ersten Interesse unserer europäischen Bürger.

Das Europäische Parlament kann die heutige Einigung auf diesem Stand nicht akzeptieren. Wir bedauern, dass Herr van Rompuy in den vergangenen Monaten nicht mit uns gesprochen und verhandelt hat.

Die wahren Verhandlungen beginnen jetzt mit dem Europäischen Parlament. Wir halten unsere vier Prioritäten, die wir oft genug genannt haben, aufrecht.

Wir sehen mit Verwunderung, dass die EU-Regierungschefs einem Haushalt zustimmen, der zu einem strukturellen Defizit führen kann. Eine grosse Lücke zwischen Verpflichtungsermächtigungen und Zahlungen wird in der Zukunft Probleme aufwerfen anstatt heute Probleme zu lösen. Wir halten an Artikel 310 des Vertrages fest, der einen ausgeglichenen Haushalt vorsieht.

Zudem gibt es vier wichtige Punkte, auf denen wir weiter bestehen:

Erstens fordern wir mehr Flexibilität unter Nutzung von Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit: zwischen Jahren und zwischen Ausgabenkategorien. Dieser Ansatz erlaubt uns, den besten Nutzen aus den finanziellen Ressourcen zu ziehen.

Zweitens bestehen wir auf einer verpflichtenden Überprüfungsklausel mit qualifizierter Mehrheitsabstimmung im Rat, die uns erlauben würde, den Finanzrahmen in zwei oder drei Jahren zu überarbeiten. Wir akzeptieren keinen Sparhaushalt für sieben Jahre.

Drittens fordern wir neue, echte Eigenmittel für den europäischen Haushalt, die das bestehende System der BNE-Beitragszahlungen schrittweise ablösen.

Viertens können wir keinen Haushalt akzeptieren, der sich nur an den Prioritäten der Vergangenheit misst. Wir müssen zukunftsorientierte Schritte unternehmen und Europas Wettbewerbsfähigkeit und Forschung stärken. Das Ergebnis des endgültigen Haushalts wird entscheiden, ob das zweite Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts als Zeit weiterer Integrationsschritte zum Wohle aller Europäer erinnert wird, oder als Zeit des Stillstands für Europa, oder gar eines Zurückfallens in einer globalisierten Welt“.

 

Weitere Informationen

Detaillierte Informationen rund um den EU-Haushalt gibt es auch im EUpdate Budget.
Dokumente zum MFR 2014-2020 auf der Seite der Europäischen Kommission.
Dokumente zum MFR 2014-2020 auf der Seite des Rats.
Presseaussendung „Leichtfried/Weidenholzer: Dürfen sieben verlorene Jahre nicht zulassen