Der parlamentarische Prozess zur Datenschutzreform ist in vollem Gange. So wurde in den letzten Tagen in zwei mitberatenden Ausschüssen die jeweilige Position bestimmt: Im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) und im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE). Dieser Artikel liefert einen kurzen Überblick über die beiden Abstimmungen dieser Woche, die zeigen, dass es bezüglich dem datenschutzpaket noch viel zu tun gibt.

Abstimmung im Beschäftigumgsausschuss – ein Teilerfolg?

Der EMPL-Ausschuss hat sich dabei auf Aspekte des Beschäftigtendatenschutzes konzentriert und mit der Endstellungnahme eine relativ vernünftige Position gefunden. In der EMPL-Stellungnahme sind Punkte wie das Verbot der Überwachung von Umkleide-, Sanitär- und Ruheräumen, Kennzeichnungspflicht von Kameras, die Stärkung der Position von Datenschutzbeauftragten und das strikte Verbot sogenannter „schwarzer Listen“, mit denen es ArbeitnehmerInnen, die sich für die Rechte ihrer KollegInnen engagieren, auf dem Arbeitsmarkt schwer gemacht wird, enthalten.
Link: Sitzungsdokumente zur EMPL Ausschussitzung (20/21. Februar 2013)

Abstimmung im ITRE Ausschuss – ein Rückwärtsschritt?

Ganz anders sieht es im Industrie-Ausschuss aus. Hier haben die konservativen Abgeordneten mit der Hilfe der liberalen Fraktion ein Dokument zusammengestellt, indem das Konzept „Datenschutz“ grundsätzlich als fundamentales Recht der Bürgerinnen und Bürger in Frage gestellt wird. Der ITRE-Ausschuss hat Positionen gefunden, die man teilweise schlichtweg nicht mehr ernst nehmen kann. Zwar wurde zumindest der  Antrag dass „Der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Grundrecht“ in „Der Schutz natürlicher und juristischer Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Grundrecht“ zu ändern, trotz Empfehlung durch den Berichterstatter Seán Kelly abgelehnt, dennoch beschloss der Ausschuss eine Reihe von negativen Empfehlungen. So wurden Passagen wie „Im Falle juristischer Personen und insbesondere von als juristische Person gegründeten Unternehmen, deren Daten, zum Beispiel deren Name, Rechtsform oder Kontaktdaten, verarbeitet werden, sollte eine Berufung auf diese Verordnung ebenfalls möglich sein“ angenommen – wo zuvor noch das Gegenteil stand. Der ITRE-Ausschuss will dass Unternehmen genauso geschützt werden wie Personen. Gleichzeitig wurden eine ganze Reihe wesentlicher Einschneidungen in die Rechte der Menschen (und Unternehmen) als unterstützenswert empfunden. In Artikel 2, Absatz 2, in dem festgelegt wird, was alles nicht von der Verordnung berührt werden soll, findet sich eine lange Liste neuer Ausnahmen. So soll eine Datenverarbeitung zu historischen, wissenschaftlichen und statistischen Zwecken ebenso wenig reguliert werden wie die Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten durch Arbeitgeber. All diese Ausnahmen würden den Datenschutz in Europa zu dem machen, was der Walschutz in Japan ist. Auch der Umgang mit „hinreichend“ anonymen oder pseudonymisierten Daten soll weitestgehend ungeregelt sein. Die Probleme dabei sind hinreichend bekannt, denn Rückschlüsse auf Individuen bleiben sehr oft möglich. Auch von einer Einschränkung des problematischen „berechtigten Interesses“ hält der ITRE-Ausschuss wenig. Im Gegenteil: Nicht nur die Interessen des für die Verarbeitung Verantwortlichen, sondern auch die Interessen des Auftragsverarbeiters oder von Dritten sollen die zustimmungsfreie Datenverarbeitung legitimieren können.
Link: Sitzungsunterlagen zur ITRE-Ausschusssitzung (20/21. Februar 2013)

Wie geht es weiter – Hoffnung auf LIBE Ausschuss?

Als nächstes ist der Rechtsausschuss an der Reihe (Abstimmung voraussichtlich im Mai), indem die EVP-Abgeordnete Mariella Gallo die Stellungnahme verfasst. Ihre Vorschläge zeigen, dass auch sie den Kommissionsvorschlag stark verwässern will. Die wichtigste Abstimmung findet voraussichtlich im Juni 2013 im federführenden LIBE-Ausschuss statt. Änderungsvorschläge können noch bis kommenden Mittwoch eingebracht werden, der bisherige Berichtsentwurf  geht in die Richtung die Verodnung stark auszubauen und in essentiellen Bereichen noch zu verbessern. Wie sich die Stellungnahmen der anderen Ausschüsse (IMCO, ITRE, EMPL und JURI) auf den Bericht des federführenden Ausschusses auswirken wird und dann schlußendlich dann zur Abstimmung im Ausschuss und in Folge dann auch Plenum des Europaparlaments vorgelegt wird, wird sich erst zeigen.
Siehe auch:
https://netzpolitik.org/2013/europaisches-parlament-industrie-ausschuss-stimmt-gegen-datenschutz/