Am Donnerstag hat der Generalanwalt des EuGH in seinen Schlussanträgen verkündet, dass die derzeitig gültige Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung aus dem Jahr 2006 nicht grundrechtskonform ist. Das Ö1 Mittagsjournal hat dazu EU-Datenschutzexperten Josef Weidenholzer nach seiner Einschätzung gefragt. Hier gibt es die Tondatei zum Nachhören und das Gespräch als Text.
Ö1 Mittagsjournal: EU-Gutachter hält Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig => Hier nachzuhören: Vorratsdatenspeicherung Ö1 12.12.2013
Arnim-Ellissen Hubert (ORF)
Die Speicherung von Kommunikationsdaten auf Vorrat, also ohne jeden konkreten Verdacht, ist grundrechtswidrig. Zu diesem Schluss kommt der zuständige Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes. Geklagt hatten unter anderem, mehr al 11 000 österreichische Bürger und die Kärntner Landesregierung. Das Urteil des EuGH dürfte zwar erst in einigen Monaten fallen, in den meisten Fällen aber folgen die Richter den Vorschlägen des Generalanwalts. Aus Brüssel berichtet Ernst Kernmayer:
Kernmayer Ernst (ORF)
Jeder Anruf vom Handy, jedes SMS, jede Email – gespeichert vom Telekomunternehmen ihre Vertrauens, bis zu 2 Jahre lang. Nicht der Inhalt, aber die Verbindungsdaten, wer mit wem kommuniziert ist so jederzeit nachvollziehbar und kann von der Polizei abgefragt werden. Der zuständige Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hält das für unvereinbar mit der Grundrechtscharta der Europäischen Union. Die Datenspeicherung ohne konkreten Verdacht sei unverhältnismäßig und würde die eigentlichen Ziele der Bekämpfung schwerer Verbrechen kaum erfüllen, heißt es im Gutachten des Generalanwalts. Der Datenschutzexperte des Europaparlaments, der SPÖ-Abgeordnete Josef Weidenholzer pflichtet bei.
Weidenholzer Josef (SPÖ)
Das große Problem ist ja, dass das unverhältnismäßig ist. Dass das nicht anlassbezogen geschieht und dass es eigentlich auch nicht mehr dem tatsächlichen Zweck dient, dass ich Terrorismus und schwere Verbrechen bekämpfe.
Kernmayer Ernst (ORF)
Die Vorratsdatenspeicherung wurde von der EU als Reaktion auf die Terroranschläge in Madrid und London 2004 und 2006 erlassen. Längst hat die EU-Kommission angekündigt, die Regeln zu überarbeiten. Konkrete Vorschläge hat sie bisher aber nicht vorgelegt. Österreich hat die Vorratsdatenspeicherung erst 2012 übernommen und ist vom Europäischen Gerichtshof sogar wegen Säumigkeit verurteilt worden. Jetzt könnte es beim EuGH aber in die andere Richtung gehen. Das Urteil wird zwar erst in einigen Monaten erwartet, die Richter folgen allerdings meistens den Vorschlägen des Generalanwalts. Der plädiert im heutigen Befund allerdings nicht für sofortige Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung, sondern schlägt vor, den Gesetzgebern Zeit zur Reparatur ein zur räumen.