Nach 16 Sitzungen des Untersuchungsausschusses zum NSA-Überwachungsskandal hat der Berichterstatter Claude Moraes (GB, S&D) am Donnerstag, den 9. Jänner 2013 den Endbericht vorgestellt. Dieser Bericht fasst die Ergebnisse der Befragung von 77 Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Technik, Zivilgesellschaft, EU-Institutionen, Wirtschaft, den EU-Mitgliedsstaaten, den USA und Brasilien zusammen und setzt damit ein deutliches Zeichen gegen die globale Totalüberwachung des Internets durch Geheimdienste. Neben einer Zusammenfassung der Tätigkeiten des Ausschusses werden darin auch sieben Forderungen gestellt.
Im Mittelpunkt dieses Berichts stehen die Beschuldigungen der von Whistleblower Edward Snowden veröffentlichten Dokumente zur globalen Überwachung des Internets. Darin wird aufgezeigt, wie die Geheimdienste der „Five Eyes“ Mitglieder USA, Großbritannien, Neuseeland, Kanada und Australien mit Programmen wie PRISM, Tempora, Bullrun und XKeyscore operieren. PRISM ist ein Data Mining Programm, das Daten aus gespeicherten Internet-Kommunikationen von namhaften Internetdienstleistern wie Google, Microsoft oder Facebook bezieht. Der britische Geheimdienst GCHQ sammelt damit alleine 21 Petabyte (22.020.096 Gigabyte) an Daten – das Ausmaß der siebenmal größeren NSA ist nicht abschätzbar. In der Zukunft wird das weltweite Datenaufkommen geradezu explodieren: alle zwei Tage erzeugt die Menschheit mehr Daten wie von Beginn der Zivilisation bis 2003; hochgerechnet rund fünf Exabyte (5.368.709.120 Gigabyte) an Informationen. Tempora wiederum zapft den Internetverkehr von Bürgerinnen und Bürgern systematisch an Knotenpunkten ab und leitet diesen Traffic auf separate Server zur Sammlung weiter – sollte Verschlüsselung eingesetzt worden sein, wird das Programm Bullrun zur Entschlüsselung genutzt. XKeyscore analysiert dann die gesammelten Daten, ordnet diese Profilen zu und speichert das Profil ab.
Um diese Praktiken verhindern zu können, stellt der Bericht sieben Forderungen auf:

  • Schnellstmögliche Umsetzung des bereits vom EU-Parlament zugestimmten Datenschutzpakets, welches derzeit noch vom Rat verhindert wird
  • Schaffung eines EU-US Rahmenabkommens (Umbrella Agreement) um EU-BürgerInnen Entschädigungsmechanismen bei Strafverfolgung zu gewähren
  • Suspendierung des SWIFT Abkommens (TFTP)
  • Suspendierung des Safe Harbour Abkommens
  • Schutz der Rechtsstaatlichkeit, der Grund- und Menschenrechte der EU-Bürger, Fokus auf die Gefahren für die Pressefreiheit und erweiterten Schutz für Whistleblower
  • Erarbeitung einer Strategie für die IT-Unabhängigkeit der Europäischen Union
  • Entwicklung der EU zu einem Paradebeispiel für demokratische und neutrale Internetrechtsgebung

Doch neben diesen Forderungen sollte noch konsequenter vorgegangen werden. Zum einen sollten die Verhandlungen zum EU-US Handelsabkommen (TTIP) solange gestoppt werden, bis eine lückenlose Aufklärung der Beschuldigungen erreicht wurde, zum anderen muss auch die Privatwirtschaft ihren Beitrag leisten – durch erweiterte Verschlüsslung, „Privacy by Design“ und Haftbarkeit für Sicherheitsprobleme bei Produkten. Doch das ist noch nicht das Ende des Untersuchungsausschusses – der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres stimmt am 30. Jänner 2014 darüber ab, das Parlament dann im März. Auch Edward Snowden wird sich im Jänner noch vor dem Ausschuss via Videobotschaft aussagen.
Der Bericht kann hier nachgelesen werden: Bericht auf der Homepage vom EU-Parlament