Die Verhandlungen zum Safe Harbour Nachfolger Privacy Shield gehen in die nächste Runde. Nachdem die Kommission Ende Februar den Wortlaut der neuen Regelung veröffentlichte steht sie nun kurz vor ihrem Inkrafttreten. Die fehlenden Hürden sind die Bewertung durch die nationalen Datenschatzbehörden und die Zustimmung des Rates. Auf diesem Weg fand vergangenen Donnerstags ein Hearing vor dem Innenausschuss des Europäischen Parlamentes, mit Vertretern der Verhandlungspartner, Experten und Vertretern von NGOs statt.
Ursprünglich hätte die Neuregelung des EU-US-Datentransfers Unklarheiten und Bedenken zerstreuen sollen. Seit Veröffentlichung stellen sich Datenschützern, Verbraucherorganisationen und selbst Vertreter der Wirtschaft die Frage nach der Haltbarkeit der Vereinbarung. Max Schrems der in einem Aufsehen erregenden Prozess die ursprüngliche Regelung vor dem EuGH zu Fall gebracht hat, hebt die große Schwäche des Privacy Shield hervor: Staaten mit denen Datenaustausch stattfinden soll müssen laut europäischem Recht für diese Daten europäische Datenschutzstandards einhalten. In diesem Punkt ist die Kommission „nur Schritte gegangen wo Meilen von Nöten waren.“, wie Schrems es formuliert.
Noch größere rechtliche Bedenken äußerte Marc Rotenberg. Der Jurist vom Georgetown University Law Center spricht mit Hinsicht auf die neue Vereinbarung ganz offen von einem Rückschritt gegenüber Safe Harbour. Vor allem sehen die aktuellen Rahmenbedingungen kaum generelle Einschränkung für die Verwendung von Daten vor. Im Grunde genommen können Firmen unter der kommenden Rechtslage beliebig mit Daten umgehen. In diesem Punkt ist das Privacy Shield das genaue Gegenteil eines Datenschutzabkommen das klare Beschränkungen festsetzen sollte.
Die von der Kommission hochgelobten Rechtsmittel, die Bürger zu Verfügung stehen sollen, machen ein Beschwerdeverfahren nur unnötig komplizierter und für einzelne Bürger praktisch undurchschaubar. Durch die neugeschaffene Ombudsperson, wird nicht mehr Rechtssicherheit erreicht, sie hat laut Rotenberg keine gesetzliche Grundlage. Im Allgemeinen war Komplexität das größte Problem des Safe Harbour Verfahrens. Normale Bürger waren weder zeitlich noch finanziell in der Lage die langwierigen Prozesse durchzuarbeiten, Privacy Shield verschlimmert das nur. Ein vernünftiges Recht auf Privatsphäre wäre schlicht vor einem US-Gericht einklagbar, ohne ominöse Ombudsverfahren und Beschwerdemöglichkeiten, so Rotenberg.
Abgesehen vom Datenschutz merkt Schrems auch an, das die europäische Digitalindustrie unter der neuen Regelung leiden würde. Denn europäische Unternehmen müssen Einschränkungen durch die europäische Rechtslage akzeptieren während die US-amerikanische Konkurrenz kaum reguliert wird.“Datenschutz darf nicht zum Standortnachteil werden. Die Kommission sollte eigentlich europäische Standarts schützen.
Geradezu zynisch wirkt die Aufforderung Bojana Bellamys, Vorsitzende des wirtschaftsnahen Think Tanks The Centre for Policy Leadership. Sie bat die anwesenden Abgeordneten, man solle doch „springen“, sie glaube fest daran dass unten ein Netz sein wird. Josef Weidenholzer merkt dazu an: „Ich würde vorher lieber überprüfen ob das Netz trägt. Beim Datenschutz kann ich mich nicht auf Glauben, sondern auf Fakten verlassen.“