Heute, Dienstag, hat der Industrie-Ausschuss des EU-Parlaments über den Endbericht zur Verordnung für den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation abgestimmt. Da der Industrie-Ausschuss (ITRE) neben dem Binnenmarkt-Ausschuss die federführende Rolle bei der Verordnung spielt, bildet der heutige Beschluss auch die Grundlage für die Abstimmung im Plenum. „Die Kommission will mit dieser Verordnung das Grundprinzip des Internets, die Netzneutralität, über die Hintertür abschaffen. Nach den vielversprechenden Abstimmungen im Kultur- und Binnenmarkt-Ausschuss kippte eine konservative und marktliberale Mehrheit die progressiven Änderungen im federführenden Industrie-Ausschuss. Damit wird dem Zwei-Klassen-Internet Tür und Tor geöffnet“, erklärt SPÖ-EU-Abgeordneter Josef Weidenholzer, Mitglied im Binnenmarkt-Ausschuss, gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. ****
Die Konservativen ermöglichen somit eine Überholspur im Internet, auf der spezielle Dienste von Netzanbietern (Providern) gegen Entgelt vorgereiht werden dürfen. „Mit einer Überholspur für Internet-Giganten und Mehrzahler können die Nutzer nur verlieren. Streaming und Internet-Telefonie dürfen nicht den Partikularinteressen der Telekommunikationsanbieter geopfert werden“, sagt Weidenholzer. Die Abschaffung der Grundprinzipien des bestehenden Internets trifft vor allem neue und innovative Dienste. „Das Internet lebt aber von Kreativität und der Vielfalt von Diensten“, so der EU-Parlamentarier.
Für den Abgeordneten ist es nicht verwunderlich, dass gerade große Telekommunikationsanbieter eine erhebliche Profitquelle in der Abschaffung der Netzneutralität sehen. „Das Internet ist kein Neuland. Es liegt auf der Hand, dass Unternehmen Profitquellen in der Diskriminierung von Qualität und Schnelligkeit gewisser Dienste wittern. Wenn aber die Interessen der Industrie und großer Telekommunikationsanbieter bestimmen, in welche Richtung sich das Internet entwickelt, ist das gefährlich für die Demokratie. Das Internet ist ein Bürgerinstrument“, sagt Weidenholzer.
Für Weidenholzer fehlt die gesetzliche Verankerung von Netzneutralität: „Auch wenn Verbesserungen erzielt werden konnten, sind wir von einer gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität weit entfernt. ‚Specialised Services‘ dürfen nicht unser freies und offenes Internet bedrohen, daher muss bei der Abstimmung im Plenum im April das Ergebnis anders aussehen“, betont Weidenholzer.
Das Abstimmungsergebnis verdeutliche, wie stark die Telekommunikations-Lobby Einfluss genommen hat. Bei der Definition von „Specialised Services“ – dem Kernelement gegen Netzneutralität – hat sich die konservative Mehrheit mit 34 Ja-Stimmen gegenüber 22 Nein-Stimmen durchgesetzt. Der gesamte Bericht wurde mit 29 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen und 17 Enthaltungen beschlossen.
„Ich werde alles unternehmen, um dieses Ergebnis bei der Abstimmung im Plenum zu kippen. Das Internet ist für jeden, nicht für die Telekommunikations-Lobby“, sagt Weidenholzer.