Heute wurde im federführenden Binnenmarktausschuss über die Konzessionsrichtlinie abgestimmt. Jetzt liegt es am Plenum des Parlaments darüber zu entscheiden.
Die Abgeordneten im Binnenmarktausschuss stimmten heute, dem 24. Jänner über den Kommissionsvorschlag zur Konzessionsvergabe ab. Mit zehn Gegenstimmen, zwei Enthaltungen und 28 Pro-Stimmen wurde eine von den Abgeordneten abgeänderte Textfassung beschlossen. Diese soll Mitte März vom Plenum des Europäischen Parlaments bestätigt werden. Von verschiedenen Seiten wird nun gefordert, das Plenum abstimmen zu lassen bevor es überhaupt Verhandlungen über die Richtlinie mit Kommission und Rat gibt: „Jetzt liegt es am Plenum des Parlaments, die Konzessionsrichtlinie zu verhindern“, stellt Josef Weidenholzer fest. Sein Antrag auf generelle Ablehnung des Kommissionsvorschlags wurde vom Binnenmarktausschuss abgelehnt.
Keine Ausnahme des Wassers
Änderungen an der Originalfassung nahm der parlamentarische Ausschuss beispielsweise beim Anwendungsbereich vor: Rettungsdienste werden explizit von einer Ausschreibungspflicht ausgenommen. Auch der Schwellenwert, ab welcher Auftragshöhe eine Ausschreibung erfolgen muss konnte von fünf auch acht Millionen Euro erhöht werden. Alle Abänderungsanträge, die eine klare Ausnahme des Wassersektors forderten, fanden keine Mehrheit. Kommission, Parlament und Rat müssen sich nun im Rahmen eines „Trilogs“ auf eine gemeinsame Endfassung der Richtlinie einigen. Das Plenum des Europäischen Parlaments könnte die Richtlinie als Gesamtes noch ablehnen. Eine Ablehnung ist aufgrund der konservativen Mehrheit im Plenum allerdings unwahrscheinlich.
Hauptkritikpunkte an der Konzessionsrichtlinie
Der wichtigste Kritikpunkt betrifft den Anwendungsbereich der Richtlinie. Zahlreiche Leistungen der Daseinsvorsorge, wie beispielsweise die Wasserwirtschaft oder die Abfallbeseitigung fallen in den Anwendungsbereich der Richtlinie und würden somit ausschreibungspflichtig werden. Explizit ausgenommen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie sind lediglich Konzessionen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich, öffentliche Personenverkehrsdienste oder bestimmte Leistungen für Rundfunk- und Fernsehanstalten. Für soziale Dienstleistungen ist im Entwurf ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen, langfristig könnte es aber auch für soziale Dienstleistungen zu einer Ausschreibungspflicht kommen. Leistungen der Daseinsvorsorge, vor allem die Wasserversorgung und soziale Dienstleistungen müssen unbedingt vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden. Die Richtlinie in der jetzigen Form würde zu einer Privatisierung sensibler Bereiche durch die Hintertür führen.
Darüber hinaus würde der komplizierte Richtlinienentwurf zu mehr Rechtsunsicherheit, Verwaltungsaufwand und Beratungskosten für öffentliche Stellen führen. Die Konzessionsvergaben werden zudem nicht verbindlich an soziale, arbeitsrechtliche oder ökologische Zuschlagskriterien gebunden. Die öffentliche Auftrags- und Konzessionsvergabe stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar und sollte daher soziale und beschäftigungspolitische Kriterien berücksichtigen, wie Frauenförderung oder die Integration benachteiligter Gruppen am Arbeitsmarkt. Laut dem Richtlinienvorschlag müssen diese Dinge allerdings nicht verbindlich als Zuschlagskriterien herangezogen werden.
Öffentliche Kooperationen werden erschwert…
Es stimmt, dass die Richtlinie zu keiner automatischen Privatisierungspflicht für öffentliche Dienstleistungen führt. Fakt ist aber, dass Dienstleistungskonzessionen häufig im Bereich der Daseinsvorsorge (Wasser, Abfall, Energie, Gesundheitswesen etc.) an öffentliche Unternehmen vergeben werden. Solche Vergaben an öffentlich kontrollierte Unternehmen, als auch andere Formen der öffentlich-öffentlichen Kooperation würden durch die Richtlinie massiv erschwert werden. Als Konsequenz einer Konzessionsrichtlinie müssten Gemeinden und Städte europaweit ausschreiben – zum Vorteil privater Konzerne, aber zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger. Von einer Wahlfreiheit für Kommunen kann hier keine Rede sein.