Was sich in den letzten Wochen in meiner SPÖ abgespielt hat ist schwer zu verdauen. Ich habe mir zum Prinzip gemacht, erst dann zu etwas öffentlich Stellung zu nehmen, wenn meine Wut verraucht ist. Also wird’s noch etwas dauern.

Aber ich bin dabei, meine Vorstellungen zu ordnen. Suche herum in meinen Notizen und dann kommt mir ein Text aus dem Mai 2016 unter. Unfinished, wie vieles was ich so auf meinem Computer finde. Ich weiss nicht mehr, warum ich nicht weiter geschrieben habe. Alltagsstress, aber wahrscheinlich war ich damals zu sehr von der Kern- Euphorie erfasst…..

Alles neu macht der Kern……(Blogfragment, Ende Mai 2016)

So viel Aufbruch war schon lange nicht mehr in der (einstmals) Grossen Koalition. Der Führungswechsel in der SPÖ hat ganz unerwartete, geradezu euphorische Gefühle ausgelöst. Zumindest bei uns dauerfrustrierten Sozialdemokraten.

Die Antrittsrede des neuen Bundeskanzlers und designierten Parteivorsitzenden Christian Kern war ein Versuch gegen das scheinbar unvermeidliche Scheitern anzukämpfen, mit dem man sich in typisch österreichischer Lust am Untergang bereits abgefunden hatte. Töne, die man seit der schwarz-blauen Wende im Jahr 2000 von einem Politiker links der Mitte vermißt hatte. Aufrüttelnd, stimmig und gespickt mit symbolischen Referenzen; New Deal etc. Jetzt waren sie im österreichischen Nationalrat zu hören, der Stätte der österreichischen Demokratie. Dort, wo sie hingehören. Und nicht exklusiv über die Boulevardpresse geleakt. Es war eine politische Rede, ohne Taktiererei und Haxlbeisserei. Wie ungewohnt solches politische Reden für den österreichische Politikbetrieb ist, zeigte die Reaktion vieler NR. Sie war äußerst positiv, bei manchen beinahe frenetisch, aber trotzdem kam sie irgendwie zeitverzögert. So wie ich das aus dem Europäischen Parlament kenne, so als ob man auf die Übersetzung gewartet hätte. Vielleicht wollten sich manche aber bloß rückversichern, ob denn da wirklich etwas passiert, was schon lange hätte geschehen sollen. Dass der neue Kanzler richtig liegt, zeigt auch die bösartige Reaktion der Fundamentalopposition, der plötzlich die Geschäftsgrundlage, vom Versagen der Regierenden zu schmarotzen, abhanden gekommen ist.

Der Anfang ist auf jeden Fall schon einmal geglückt. Überraschend. Das ist von unzweifelhaftem Vorteil. Vielleicht lassen sich jetzt die Verkrustungen aufbrechen, die zu diesem fatalen Stillstand in der österreichischen Politik geführt haben. In den letzten Wochen habe ich manche(n) getroffen, der/die mir anvertraut hat, sich wieder politischen engagieren zu wollen. Das ist mir schon seit einigen Jahren nicht mehr widerfahren. Eine hohe Erwartungshaltung birgt freilich auch die potentielle Gefahr der Enttäuschung. Je höher, desto größer.

Der neue Kanzler ist fest entschlossen, die Dinge in die Hand zu nehmen und es nicht beim Reden zu belassen. Für den Erfolg braucht es den Willen dazu, aber auch Fortune und günstige globale Begleitumstände, die schwer zu beeinflussen sind. Und natürlich eine breiten Rückhalt, Unterstützung aus der eigenen Partei und darüberhinaus. Vor allem die Erkenntnis, dass ein erfolgreicher Koalitionspartner auch dem eigenen Erfolg nützt. Leicht gesagt, aber nicht einfach zu bewerkstelligen.

Eine Art Doppelmühle. Ist der Bundeskanzler erfolgreich, vor allem dann, wenn die Erfolge eines Christian Kern erkennbar sozialdemokratische Züge tragen wird das zwar der Parteibasis Auftrieb geben. Gleichzeitig aber wird die Loyalität des Koalitionspartners strapaziert. Das umgekehrte Szenario würde allerdings zum gleichen Ergebnis führen. Sobald das für einen Reformkurs, wie ihn Kern propagiert, notwendige Gleichgewicht gestört ist, schlägt die Stunde der Soloplayer, die ausschließlich auf die Optimierung ihres persönlichen Profils aus sind. Minister Kurz hat schon…..