Ein historischer Tag für Privatsphäre in Europa

Heute war ein wahrlich historischer Tag für die Privatsphäre in Europa. In den vergangenen Monate hat der Innenausschuss des EU-Parlaments einen umfangreichen Bericht zur Überwachungsaffäre erarbeitet und heute darüber abgestimmt. Aus den insgesamt 521 Abänderungsanträgen zum Bericht ist es nun gelungen, 74 Kompromisse zu formulieren. Der Bericht wurde mit 33 Stimmen, 7 Gegenstimmen und 17 Enthaltungen angenommen.
Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres spricht sich mit diesem Bericht klar gegen Massenüberwachung und für die (Wieder)Herstellung von Datenschutz als Grund- und Menschenrecht aus. Konkret fordert der Bericht, neben einer schnellstmöglichen Umsetzung des Datenschutzpaketes, auch eine Suspendierung des Safe-Harbour-Abkommens. Auch die IT-Unabhängigkeit der Europäischen Union soll gestärkt werden, um die bestehende Abhängigkeit von den USA in Zukunft zu verhindern und einen starken europäischen Datenschutz Standard zu haben. Gleichzeitig müssen die Verhandlungen über  ein Rahmenabkommen mit den USA zum Schutz der Daten verstärkt werden.
Auch in Bezug auf stärkeren Schutz für Whistleblower in Europa konnte sich Joe Weidenholzer mit seinen Anträgen durchsetzen. Der Bericht fordert die Mitgliedsstaaten zu Untersuchungen auf, wie Whistleblowern Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung gewährt werden kann. Das ist ein wichtiges Signal der Union gegenüber den USA, dass die Wahrheit zu sagen nicht als Verbrechen gilt, sondern  Schutz verdient. Aufdecker müssen endlich Rechte zugestanden werden, denn nur wenn wir Informanten Sicherheit gewähren, können solche Skandale wie der NSA Überwachung ans Tageslicht kommen.
Die Sozialdemokraten im Europaparlament haben mit ihrer Arbeiten im Innenausschuss klar gemacht, auf welcher Seite sie stehen.  Nämlich auf der Seite der Menschen, der Bürgerrechte und des Datenschutzes!
Alle Detail zu den Kompromissen können hier nachgelesen werden: Kompromisse zum NSA Bericht

FPÖ stimmt gegen die Zusammenlegung der Parlamentssitze

Ein Großteil der Arbeit des Europäischen Parlaments geschieht in Brüssel, dennoch tagt es einmal im Monat für vier Tage in Straßburg. Der logistische Aufwand ist enorm. 200 Millionen Euro jährliche Kosten für den Steuerzahler und ein CO2 Ausstoß von über 19.000 Tonnen sind die Folge. Ein Umstand, den die Mehrheit der Parlamentarier abschaffen will. Auch die FPÖ-EU-Abgeordneten Mölzer und Obermayr geben sich vor den österreichischen Medien kämpferisch und fordern eine Zusammenlegung der Arbeitsorte. Im EU-Parlament stimmen sie dann plötzlich dagegen, wie das offizielle Protokoll der Sitzung beweist.
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Eine genauere Analyse der Abstimmung offenbart weshalb die FPÖ-Abgeordneten vermutlich gegen eine Zusammenlegung stimmten. Neben den FPÖ-EU-Abgeordneten stimmten auch Mitglieder der rechts-populistischen Parteien von Geert Wilders (Partei für die Freiheit) und Marine Le Pen (Nationale Front) gegen die Zusammenlegung. Genau die Parteien mit denen sich die FPÖ bei einem „inoffiziellen“ Treffen, das als Startschuss einer rechten EU-Allianz gehandelt wurde, letzte Woche in Wien getroffen hat. Keineswegs ein Zufall, sondern vorauseilende „Hörigkeit“ gegenüber der Fraktion, glaubt der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer, der das Abstimmungsverhalten aufgedeckt hat.
FPÖ Stimmt gegen einen Sitz des EU-Parlaments
Ernsthaftes Interesse den französischen Parlaments-Sitz in Straßburg trotz der hohen Kosten zu erhalten, hat von diesen drei Parteien nur Marine Le Pen´s Front National. Warum sich die Abgeordneten Mölzer und Obermayr so leicht für ein rein französisches Anliegen instrumentalisieren ließen, obwohl sie sich in Österreich offen dagegen aussprechen, ist nicht ganz klar. Nach diesen Enthüllungen scheint es aber sehr wahrscheinlich, dass bei dem Treffen in Wien vereinbart wurde, dass Le Pen Fraktionschefin der neuen rechten Allianz werden soll. Für den EU-Abgeordneten Josef Weidenholzer steht jedenfalls fest: „Die FPÖ hat ihre Prinzipien für ein bisschen mehr Macht in der EU verraten. Ein Bild an das man sich in Zukunft gewöhnen muss, wenn die rechte Allianz erst steht“.
Timeline:
15.11.2013: Treffen der Rechtspopulistischen Parteien in Wien
19.11.2013: Obermayr begrüßt die Initiative für einen einzigen Sitz des Europäischen Parlaments
20.11.2013: FPÖ-Abgeordneten Mölzer und Obermayr stimmen gemeinsam mit Marine Le Pen gegen die Zusammenlegung der Parlamentssitze
21.11.2013: Das Wahlverhalten wird im Zuge einer Aufnahme für den ORF (Inside Brüssel) aufgedeckt.
Fakten und Kosten zur Aufrechterhaltung der verschiedenen Arbeitsorte:
Die Kosten für die Aufrechterhaltung mehrerer Sitze beträgt zwischen 156 und 204 Millionen Euro, also rund 10% des gesamten Budgets des Parlaments. Dividiert durch die 12 Sitzungen im Jahr sind das rund 15 Millionen Euro pro Sitzung. Es müssen über 3000 Menschen pendeln. Hohe Kosten und Umweltschädigung durch CO2 Ausstoß sind die Folgen. CO2 Emissionen zwischen 11000 und 19000 Tonnen werden durch dieses Pendeln erzeugt. 78% aller Dienstreisen der Abgeordneten entstehen zwischen den verschiedenen Arbeitsorten. Büros in Straßburg sind 89% der Zeit ungenutzt, werden aber beheizt und benötigen Personal.
Zeiten haben sich geändert
Das Europäische Parlament hatte ursprünglich nur 78 Abgeordnete und nur eine beratende Funktion – heute ist es Gesetzgeber und hat in etwas 10 mal  so viele Abgeordnete: 766. Das Arbeitsausmaß ist deutlich gestiegen – von 165 Gesetzgebungsverfahren im Zeitraum 1993–1999 auf 454 im Zeitraum 2004–2009. Der Rat konzentriert seine Arbeit nun in Brüssel (vormals rotierend) – Gleichzeitig wollen die Mitgliedsstaaten (hauptsächlich Frankreich) das dem Europäischen Parlament verwehren. Große Mehrheit der Abgeordneten möchte einen einzigen Sitz. Eine BürgerInnen-Initiative hat 1 Million Unterschriften für die Zusammenlegung gesammelt – eine Aufrechterhaltung ist ein negatives Symbol für Verschwendung bei den BürgerInnen – insbesondere auch in Anbetracht der Finanzkrise. Damit stellt es einen Image-Schaden für die gesamte Union dar. Eine Änderung des Sitzes bedarf aber einer Änderung des Vertrages der Zustimmung der Mitgliedsstaaten (Artikel 341 im Vertrag über die Arbeitsweise der EU).

Hier kann das originale Protokoll sowie der Bericht des Europäischen Parlaments nachgelesen werden: