Sicherheit darf nicht über Privatsphäre gestellt werden

Bei der siebten Untersuchungssitzung zum Überwachungsskandal ging es vor allem um die rechtliche Komponente von Überwachung. Um ein möglichst breites Bild zu bekommen, wurden Expertinnen und Experten von Universitäten, Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte  und NGOs eingeladen, um vor dem Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu referieren. Neben den rechtlichen Aspekten wurden auch die von 3 NGOs eingereichten Klagen bzgl. der Überwachung von Europäischen Bürgerinnen und Bürgern behandelt.
In Session 1 erklärten Martin Scheinin, gewesener UN Berichterstatter, Bostjan Zupan?i?, Richter beim Gerichtshof für Menschenrechte und Douwe Korff, Professor an der London Metropolitan University, wie der kollektivistische Überwachungsstrategien systematisch Grund- sowie Menschenrechte untergraben. Dabei geht es vor allem um die Missachtung der Artikel 8 und 17 der Europäischen Menschenrechtskonvention durch die Geheimdienste NSA und GCHQ, die besagen, dass jedes Eindringen in die Privatsphäre den Prinzipien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit entsprechen müssen. Alle Gäste indizieren, dass ein sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese Grundprinzipien der Menschenrechte verletzt wurden. Ob der Frage, wie dieser Verletzung rechtlich belangt werden kann, ist man strittig – Scheinin und Korff sehen einen zwischenstaatliche Klage der Mitgliedsstaaten und den USA als beste Lösung; Zupan?i? sieht es als äußerst unwahrscheinlich an, die USA rechtlich belangen zu können.
In Session 2 behandelten Dominique Guibert, Vize-Präsidentin von „Lique des Droits de l’Homme“, Nick Pickles, Direktor von „Big Brother Watch und Constanze Kurz vom „Forschungszentrum für Kultur und Informatik“ deren eingebrachte Klagen gegen NSA und GCHQ. Durch die Bank wurde gefordert, dass eine lückenlose Aufklärung der durch Edward Snowden aufgeworfenen Fragen erfolgen muss – überhaupt in Anbetracht der Tatsache, dass Sicherheit leider zu oft über die Menschenrechte gestellt wurden. Es sollte evaluiert werden, wie die Wechselwirkung zwischen Gewährleistung von Sicherheit und gleichzeitiger Einhaltung der Menschenrechte, ausbalanciert werden kann, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht zum gläsernen Mensch mutieren. Ob diese Klagen eine volle Aufklärung des Überwachungsskandals erwirken können, steht noch in den Sternen. Das Europäische Parlament kann am 21.Oktober 2013 aber einen großen Schritt setzen: mit der Zustimmung des neuen Datenschutzpakets.
CREDITS: Bild von Taz.de

Überwachungsskandal und dessen Auswirkungen auf EU Bürgerinnen und Bürger

In fünf Sessions fand gestern die dritte Untersuchungssitzung zum Überwachungsskandal im Ausschuss für Bürgerliche Freiheit, Justiz und Inneres (LIBE) im Europäischen Parlament statt. Da die geladenen Gäste der ersten Session, darunter Cecilia Malmström – Kommissarin für Innenpolitik – mit Informationen sehr geizte, bestand zumindest die Hoffnung, dass bei den Sessions 2-5 noch Informationen ans Licht kommt. In der 2. Session waren Darius Žilys von der Ratspräsidentschaft sowie Paul Nemitz und Reinhard Priebe von der Europäischen Kommission vertreten, die auch die EU-US Arbeitsgruppe zum Datenschutz vertreten. Nach vielen spezifischen Fragen der anwesenden Abgeordneten, darunter auch eine Eigene, wartete man/frau aber vergeblich auf konkrete Antworten.

Mit der 3. Session kam dann ein wenig Schwung in die Sache. Jens-Henrik Jeppesen, Direktor für Europäische Angelegenheiten beim Zentrum für Demokratie und Technology (CDT), und Greg Nojeim, Direktor des Projektes „Freedom, Security & Technology, aus den USA sprachen über die gegensätzlichen Ansichten der Zivilgesellschaft beim Thema Überwachungsskandal. Dabei kam klar heraus, dass dem durch den Whistle-Blower Edward Snowden aufgekommenen Skandal in den Vereinten Nationen von Amerika keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt wird und daher von den Bürgerinnen und Bürgern keinerlei Feedback einzuholen war. Auch wurde eine differenzierte Haltung zwischen der EU und USA über die Wichtigkeit des Themas festgestellt.
In der 4. Session wurde Dr. Reinhard Kreissl von Increasing Resilience in Surveillance Societies (IRISS) nach einer einführenden Präsentation über deren Forschung befragt. In den Studien wird die Effektivität von Überwachungstechnik zur Terror- und Verbrechensbekämpfung überprüft; mit dem Ergebniss, dass gestreute Massenüberwachung als äußerst uneffektiv angesehen werden kann.
Caspar Bowden, ein unabhängiger Forscher und Ex-Privatsphäre-Beauftragter bei Microsoft, präsentierte in der 5. Session seine Studie über den Einfluss von US-Überwachung auf Europäische Bürgerinnen und Bürger. In der Studie wird ein signifikanter Einfluss auf die Rechte Europäischer Bürgerinnen und Bürger statuiert, daher sollte die EU, nach Meinung von Caspar Bowden, mit größter Sorgfalt die zukünftigen Übereinkommen mit den USA evaluieren. Dabei stimmt er auch zu, dass es eine digitale Kluft zwischen EU und USA gibt. Die Arbeitsgruppe zum Datenschutz zwischen EU und USA hat übrigens noch NICHT den Bericht bekommen – die Zusammensetzung dieser Gruppe sei einfach zu intransparent.

CREDITS: Das Bild wurde aus dem Video „Überwachungsstaat – was ist das?“ vom Youtube-Nutzer „manniac“ übernommen worden.