Im Europaparlament haben am Donnerstag gleich drei Ausschüsse gegen das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA gestimmt. Das ist zwar ein starkes und klares Signal, jedoch ist es noch keine Garantie dafür, dass am 3. Juli das gesamte EU-Parlament das Abkommen ad acta legt.
Im EU-Parlament wurde am Donnerstag ein deutliches Zeichen gegen ACTA gesetzt. Drei Ausschüsse haben sich gegen das umstrittene internationale Handelsabkommen ausgesprochen, darunter der Industrieausschuss (Itre), der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (Libe) und auch der Rechtsausschuss (Juri), der für gewöhnlich als konservativ gilt.
Im Juri-Ausschuss stimmten zwölf von 24 anwesenden Ausschussmitgliedern gegen ACTA, es gab zwei Enthaltungen, und damit eine überraschende Mehrheit gegen ACTA. In diesem Ausschuss hatte Marielle Gallo (EPP) in einem Bericht empfohlen, ACTA zu befürworten. „Ein voller Erfolg, war doch bis zuletzt der Ausgang der Abstimmung offen“, unterstreicht die SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner.
Auch im Itre-Ausschuss fand sich nur eine relativ knappe Mehrheit gegen ACTA. Dort stimmten die Abgeordneten aus der liberalen Fraktion (ALDE) für eine Verschiebung der Entscheidung, weil sie das Urteil des EuGH abwarten wollten. Das kam insofern überraschend, als dass die Liberalen bereits angekündigt hatten, sich gegen ACTA aussprechen zu wollen.
Finale Abstimmung am 3. Juli
Im Libe-Ausschuss sprachen sich 37 Abgeordnete gegen ACTA aus, einer dafür. Die restlichen der 60 Abgeordneten enthielten sich. Bis zur finalen Abstimmung im EU-Parlament am 3. Juli werden noch drei weitere Ausschüsse, unter anderem der federführende Handelsausschuss (Inta) am 21. oder 22. Juni, ihre Stellungnahmen beschließen. Bereits zu Beginn dieser Woche hatte sich das niederländische Parlament klar gegen ACTA und vergleichbare Abkommen ausgesprochen.
Diese teilweise sehr knappen Entscheidungen zeigen, dass es noch keineswegs als gesichert gilt, dass das Handelsabkommen ACTA wirklich „tot“ ist. Es ist jedoch ein erstes Stimmungsbild und ein erstes, deutliches Zeichen. Doch die Pro-ACTA-Lobby versucht mit allen Mitteln, die Abgeordneten noch vom Gegenteil zu überzeugen.
E-Mails von der Pro-ACTA-Lobby
So berichtete der österreichische EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer von der SPÖ, dass in den vergangenen Tagen im Stundentakt E-Mails von der Musikindustrie oder „Markenschützern“ eingetroffen sind, um die Abgeordneten von der Wichtigkeit des Handelsabkommens zu überzeugen. Weidenholzers Resümee: „Dadurch bin ich jetzt noch überzeugter, dass ACTA ad acta gehört und werde dagegenstimmen.“ Weidenholzer ist Mitglied des Libe-Ausschusses.
„ACTA untergräbt das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf freie Meinungsäußerung“, betonte der Abgeordnete nach der Abstimmung. Weidenholzer kritisierte zudem, dass die Kommission alle Warnungen in den Wind schlug und die Umsetzung des Abkommens weiter mit Vehemenz vorantreibt. „Die Vorgangsweise der Kommission hat einmal mehr dazu beigetragen, die EU-Skepsis in der Bevölkerung zu erhöhen“, sagt der Europaabgeordnete.
„Zu Recht gescheitert“
Der österreichische fraktionsfreie EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser zeigte sich nach der Abstimmung mit dem Ergebnis zufrieden: „ACTA ist bei der ersten Generalprobe im EU-Parlament zu Recht gescheitert“. Doch auch Ehrenhauser sieht darin noch keine „Garantie für eine Ablehnung“ des voll versammelten EU-Parlaments am 3. Juli. Für den 9. Juni sind noch einmal europaweit Proteste angekündigt.
E-Mails schreiben können den EU-Abgeordneten zudem nicht nur Lobbyisten, sondern jeder. Eine Anleitung und Kontaktadressen werden in Österreich von der Online-Plattform „Stopp Acta!“ bereitgestellt. Während der ersten Protestwelle im Februar trafen bei den EU-Abgeordneten im Schnitt 500 E-Mails pro Tag ein.
Artikel erschienen am 31. Mai 2012 auf futurezone.at