Europa soll Druck erhöhen und Angebote schaffen
Beim türkischen Referendum tauchen immer mehr Unklarheiten auf. „OSZE-WahlbeobachterInnen und VertreterInnen der türkischen Zivilgesellschaft wie die dortige Anwaltskammer sehen zahlreiche Mängel und Hinweise auf Manipulation beim Referendum in der Türkei. Es braucht dringend eine lückenlose, unabhängige Untersuchung des türkischen Referendums“, sagt SPÖ-EU-Abgeordneter Josef Weidenholzer, Vizepräsident der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament.
Das Referendum in der Türkei selbst, so bedauerlich sein Ausgang auch ist, ist aber auch ein Zeichen der Hoffnung. „Präsident Erdogan hat die Opposition verfolgt, unabhängige Medien geschlossen und JournalistInnen ins Gefängnis geworfen, trotzdem hat sich ein sehr großer Teil der türkischen Bevölkerung mutig gegen den Erdogan-Autoritarismus gestellt. Diese türkische Zivilgesellschaft ist unser Partner. Wir müssen sie in ihrem Engagement stärken und vor Repression schützen. Wir brauchen einen Sondertopf aus EU-Mitteln für türkische WissenschafterInnen, die von der Regierung am Arbeiten gehindert werden. Wir müssen Zugang zu inhaftierten OppositionspolitikerInnen und JournalistInnen erwirken. Erdogan ist durch die wirtschaftliche Entwicklung und das Referendum geschwächt. Die EU hat also einen Hebel, um Druck zu machen und muss ihn auch nutzen. Dafür braucht es aber auch das Angebot, wenn die Menschenrechte und die Demokratie gewahrt bleiben, weiterhin zusammenzuarbeiten“, sagt Weidenholzer, Mitglied im EU-Menschenrechtsausschuss.
Die Türkei ist kein Spielball für billige Ressentiments, aber die EU muss berechtigte Kritik mit Nachdruck zum Ausdruck bringen. „Wir wollen nicht alle Türen verschließen, denn es wird auch eine Türkei nach Erdogan geben, die wir beim Weg zurück in die Demokratie unterstützen wollen. Doch man muss Erdogan und seinen Getreuen klar machen, falls sie die Todesstrafe einführen, gibt es für sie keinen Platz mehr in Europa“, sagt Weidenholzer und betont: „Für seine Inthronisierung hat Erdogan aber nun erstmal Wahlen zu gewinnen. Angesichts des knappen Ausganges beim Referendum kann man durchaus sagen: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.“