Am Dienstag den 28. Februar wurde Joe Wiedenholzer vom Standard Online-Portal zu einem Gespräch gebeten. Die Diskussionsreihe „EU Sprechtag“ der Online-Redaktion des Standard lud dazu alle österreichischen EU ParlamentarierInnen ein, jeweils einen Tag lang den UserInnen Rede und Antwort zu stehen. Hier der link und ein kleiner Ausschnitt aus den Gesprächen.
Frage von Alf 10: Obama hat in Amerika gerade eine Initiative vorgestellt, die den Menschen besseren Datenschutz und Online-Rechte bringen soll. Macht die EU was dazu oder ist ACTA der einzige „Beitrag“
Josef Weidenholzer: Die Kommission (Viviane Reding) hat bereits Mitte Jänner eine Überarbeitung der Datenschutzrichtlinie vorgelegt, die in eine ähnliche Richtung geht. Positiv ist das neu vorgesehene Recht zur Tilgung der persönlichen Daten. Wir werden die Vorschläge Obamas sicherlich im LIBE Ausschuss diskutieren.
Frage von Karlo86: Wird es im Iran zu einem Krieg kommen? Wie ist Ihre Einschätzung als Mitglied der Iran Delegation?
Josef Weidenholzer: Ich hoffe nicht. Die aktuelle Situation erfordert viel Fingerspitzengefühl.Der Iran muss zurück an den Verhandlungstisch. Das lässt sich nicht herbei bomben.
Frage von rosarosa: Was sagen Sie zur geplanten Strafrechtsreform der Frau Karl und dazu, dass niemand aus der politischen Spitze Österreichs Stellung bezieht?
Josef Weidenholzer: Korruption ist ein Verbrechen. Es schädigt andere und es schädigt die Volkswirtschaft.
Solche Menschen sollten daher wie alle anderen Gesetzesbrecher auch abgeurteilt werden.
Der Einführung von Diversionsmaßnahmen stehe ich gerade in diesem Fall kritisch äußerst gegenüber.
Der Iran ist seit vielen Jahren ein zentraler Konfliktherd im Mittleren Osten. Die iranische Regierung unterstützt terroristische Gruppierungen in verschiedenen Staaten und hat wiederholt das Existenzrecht Israels in Frage gestellt. Nicht zuletzt wegen des iranischen Atomprogramms stellt diese Politik eine Gefährdung der Stabilität in der Region dar. Trotz gegenteiliger Behauptungen und im Widerspruch zur Unterzeichnung des Verbots der Verbreitung von Atomwaffen ist eine atomare Bewaffnung des Iran im Bereich des Möglichen.
Politik von Europa
Ziel der europäischen Politik ist es, den Iran am Verhandlungsweg von der Notwendigkeit eines Verzichts auf die Atombombe zu überzeugen. Die EU hat am 24.1.2012 im Einklang mit den USA Sanktionen beschlossen, um den Iran zu einer diplomatischen Lösung zu bewegen. Weidenholzer kritisierte in der Sitzung der Iran-Delegation vom 25.1.2012 und im Plenum des EP am 1.2.2012 die unzureichende Strategie von Cathy Ashton und setzt sich dafür ein, dass Europa auf militärische Optionen von vornherein verzichtet. „Es gibt leider keine ausreichende Strategie im Atomstreit mit dem Iran. Wir brauchen hier Peitsche und Karotte, um an für beide Seiten brauchbare Lösungen zu kommen.“ (Zitat Weidenholzer).
Krieg ist keine Antwort
Weidenholzer setzte sich in der Plenardebatte auch dafür ein, dass Europa auf militärische Optionen von vornherein verzichtet. Die Unterstützung der demokratischen Opposition hält er für eine vordringliche Aufgabe. Schon seit seiner Studienzeit interessiert sich Weidenholzer für den Iran und hat viele persönliche Kontakte zu Menschen im Iran und zu Auslands-Iranerinnen und Iraner.
Plenumsbeitrag zum Iran am Mittwoch, 1. Februar 2012
„Josef Weidenholzer (S&D). – Herr Präsident! Der Nahe und der Mittlere Osten sind für Europa und die Welt eine lebenswichtige Region. Hier wird darüber entschieden, ob sich unsere weitere Zukunft friedlich entwickelt, und in diesen Tagen steht sehr viel auf dem Spiel. Die gegenwärtige Regierung des Iran trägt alles dazu bei, dass sich die Entwicklung zuspitzt: ihr Spiel mit der atomaren Aufrüstung, die Bedrohung der Existenz Israels und die Unterstützung terroristischer Aktivitäten in der Region.
Wiederholt hat die Völkergemeinschaft, hat die Europäische Union den Iran darauf hingewiesen und gewarnt. Die iranische Regierung hat diese Warnung in den Wind geschlagen und alle an einer diplomatischen Lösung Bemühten verhöhnt. Die Sanktionen der EU sind daher ein logischer Schritt. Verständlich und kohärent, wenn sich die Politik, den Iran an den Verhandlungstisch zu bringen, fortsetzt.
„Zuckerbrot und Peitsche“ kann man diese Politik nennen. Momentan ist offensichtlich die Peitsche am Werk. Wir sollten aber auch gerade jetzt daran denken, die Karotten sichtbar zu machen. Dies würde vor allem die Opposition im Iran stärken und das Regime von innen her unter Druck setzen.
Im Sinne der Kohärenz und Kontinuität der europäischen Politik ist es wichtig, alles zu tun, um zu verhindern, dass sich der Konflikt zu einer kriegerischen Auseinandersetzung aufschaukelt. Historische Beispiele gibt es auf diesem Kontinent genug. Ein Krieg hätte verheerende Folgen für die Bevölkerung Irans, für die Region, gerade auch für Israel, und es würde die Region um Jahrzehnte zurückwerfen.
In diesem Sinne ist es wichtig, alles zu tun, um zu verhindern, dass wir in eine kriegerische Auseinandersetzung hineinschlittern, weil Krieg keine Antwort ist.“
Österreich wird das umstrittene Handelsabkommen ACTA vorerst nicht ratifizieren. Man wolle abwarten, wie die Abgeordneten im EU-Parlament entscheiden, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Hermann Muhr, am Mittwoch. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner begrüße die Entscheidung der EU-Kommission, ACTA durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüfen zu lassen.
Am 12. Juni sollte nach bisherigen Angaben im EU-Parlament in Brüssel über ACTA abgestimmt werden. Allerdings könnte eine Entscheidung der EU-Kommission vom Mittwoch, das Abkommen durch den EuGH prüfen zu lassen, eine Abstimmung um zwei Jahre verzögern, hieß es von EU-Abgeordneten. Ob im EU-Parlament eine Mehrheit für ACTA zustande kommt, ist ungewiss. Viele EU-Abgeordnete äußerten sich in den vergangenen Tagen kritisch über das Anti-Piraterie-Abkommen.
Bisher unterzeichneten 22 EU-Mitgliedsstaaten das Handelsabkommen zum Kampf gegen Fälschungen. Vor dem Inkrafttreten ist allerdings eine Zustimmung des EU-Parlaments und der Parlamente der Mitgliedsstaaten erforderlich.
ÖVP für „breite Debatte“
Auch die ÖVP-Europaabgeordnete Elisabeth Köstinger begrüßte, dass nun der EuGH ACTA prüfen soll. Die Entscheidung der EU-Kommission lasse Raum für eine „breite öffentliche Debatte“. Das Gericht habe bereits zuvor Bedenken gegen das Abkommen, es könnte Internetprovider zur Kontrolle und dem Sperren des Internetverkehrs verpflichten, entkräftet.
Zugleich kritisierte sie die Haltung der SPÖ und der Grünen. „Anstatt sich an der Debatte zu beteiligen, wollen sie blind gegen ACTA stimmen. Die Schädigung der heimischen Wirtschaft, der Verlust von Arbeitsplätzen und die Gefährdung der Gesundheit durch gefälschte Medikamente spielen anscheinend keine Rolle“, so Köstinger.
SPÖ: Kommission „halbherzig“
Die SPÖ sprach dagegen von einem „halbherzigen Vorgehen“ der Kommission. Es sei „keine kritische Stellungnahme“ vonseiten des EuGH zu erwarten, erklärte Delegationsleiter Jörg Leichtfried am Mittwoch. Frühere Entscheidungen des EuGH hätten gezeigt, dass diese oftmals im Interesse der Wirtschaft fallen würden. Zudem treffe der am Mittwoch verkündete Schritt der EU-Kommission nicht „den Kern des Problems“.
Wie das Internet in Zukunft ausgestaltet sein soll, sei „keine rein rechtliche, sondern eine politische Frage“, teilten Delegationsleiter Jörg Leichtfried und der Abgeordnete Joe Weidenholzer mit. Mit dem umstrittenen Handelsabkommen stelle die Kommission ihre „Unfähigkeit zur Schau, während auf der einen Seite (EU-Kommissarin) Viviane Reding an einer Datenschutzrichtlinie arbeite, werde dieses Vorhaben mit ACTA nun ad absurdum geführt“, so die beiden Mandatare.
Grüne: „Zeit gewonnen“
Die Grünen begrüßten dagegen die Entscheidung der EU-Kommission, ACTA vom EuGH prüfen zu lassen. Auch der vom Innenministerium verkündete Stopp des Ratifizierungsprozesses in Österreich wird von den Grünen positiv bewertet.
Der grüne Bundesrat Marco Schreuder erklärte, die Gegner des umstrittenen Abkommens hätten durch die Prüfung „Zeit gewonnen“. Es sei „dringend notwendig“, auch „Künstlerverbände, netzpolitische NGOs, Datenschützer und Konsumentenschutzverbände“ an einer Debatte über den Schutz von geistigem Eigentum zu beteiligen. Schreuder warnte aber vor „verfrühtem Optimismus“ infolge der EU-Entscheidung: „ACTA ist noch nicht vom Tisch“, es sei nötig, nun einen breiten Diskussionsprozess zu beginnen.
Hier geht’s zum Artikel
Utl.: ACTA erfordert gesellschaftspolitische Diskussion – auch Kommission muss sich dieser stellen
Kritisch beurteilen die beiden SPÖ-EU-Abgeordneten, Jörg Leichtfried und Josef Weidenholzer die Ankündigung der Kommission, das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen: „Das Vorgehen der Kommission ist halbherzig. Eine Prüfung durch den EuGH trifft nicht den Kern des Problems, denn wie das Internet in der Zukunft ausgestaltet sein soll, ist keine rein rechtliche, sondern eine politische Frage. Die Kommission darf sich vor dieser Diskussion nicht drücken, sondern muss Stellung beziehen“, so die beiden Europaparlamentarier gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. Mit ACTA stelle die Kommission ihre Unfähigkeit zur Schau, während auf der einen Seite Viviane Reding an einer Datenschutzrichtlinie arbeite, werde dieses Vorhaben mit ACTA nun ad absurdum geführt. ****
Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für Justiz, bürgerliche Freiheiten und Inneres (LIBE), betont, dass man sich von Seiten des EU-Parlaments mit den grundlegenden Fragen von Meinungsfreiheit und Privatsphäre beschäftigen wird. „Der LIBE-Ausschuss wird öffentlich darüber diskutieren, ob ACTA mit der Grundrechtecharta der EU vereinbar ist und einen ausführlichen Bericht über die Ergebnisse vorlegen“, sagt Weidenholzer. Delegationsleiter Leichtfried ergänzt, dass frühere Entscheidungen des EuGH gezeigt hätten, dass diese oftmals im Interesse der Wirtschaft fallen würden, es sei daher keine kritische Stellungnahme von Seiten des EuGH zu erwarten.
Insgesamt, so die beiden Abgeordneten, müsse Europa über ein neues Urheberrecht nachdenken: „Das geltende europäische Urheberrecht wird den vielen neuen Möglichkeiten, die das Internet eröffnet, nicht mehr gerecht, Rechtsordnung und Alltagswirklichkeiten klaffen auseinander.“ Zu überlegen wäre eine Weiterentwicklung des europäischen Urheberrechts in Hinblick auf eine fair-use-Klausel nach amerikanischem Vorbild, die die nicht-kommerzielle Nutzung von Inhalten in gewissen Bereichen zulässt.

Artikel auf ORF.at
In der letzten Woche haben europaweit über 10.000 Menschen gegen Acta demonstriert. Am Dienstag, den 28. Februar 2012 wurde dem Parlament eine Petition mit 2, 4 Millionen Unterschriften gegen das „Anti-Piraterie-Abkommen“ überreicht. Durch den großen öffentlichen Druck wird die Komission das Acta Abkommen nun beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen lassen, was die für Mitte Juni vorgesehene Abstimmung im EU-Parlament für bis zu zwei Jahre verschieben könnte. Wenn das Parlament Acta ablehnt, wäre das Abkommen gescheitert. In diesem Kurzspot erklärt Europa-Abgeordnete Josef Weidenholzer, welche Gefahren er im Acta Abkommen sieht und warum er dagegen ist.
„Europa – was sonst? Oder die ständige Neuerfindung Europas“ – Rede von Josef Weidenholzer am sozialpolitischen Aschermittwoch anlässlich der Verleihung des Inge-Gabert-Preises 2012 der oberbayerischen Arbeiterwohlfahrt (AWO) an das „Haus des Vertrauens“ in Srebrenica (Bosnien-Herzegowina).
Auszüge aus der Rede: „Europa – was sonst? Oder die ständige Neuerfindung Europas“
Ich war noch nie in Srebrenica. Aber ich war in Gorazde. Beides sind Städte in Ostbosnien, an der Drina gelegen, beide Städte waren Gegenstand brutaler Belagerung durch serbische Kräfte während des Jugoslawienkrieges und standen damals unter dem halbherzigen Schutz der Vereinten Nationen. Ich war nur kurz in Gorazde und traf mich mit den politisch Verantwortlichen, in einem Lokal direkt an der Drina. Es waren Männer, stolze Männer.
Volkshilfe Präsident Josef Weidenholzer als Gastredner in Teisendorf, Oberbayern
Das Verbrechen von Srebrenica
In Srebrenica gibt es keine stolzen Männer. Srebrenica ist der Ort eines der grauenvollsten Verbrechen im heutigen Europa. 8000 seiner Männer wurden systematisch auf bestialische Weise gemordet. Genozid nennt das Völkerrecht ein solches Verbrechen, dessen Tatbestand darin besteht, „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören.“ Genau das geschah in den Julitagen des Jahres 1995 in Srebrenica. Mitten in Europa, vor den Augen der ganzen Welt.
Europa als Bewältigung vergangenen Schreckens
Europa ist vor allem eine Baustelle. Der ständige Versuch, den Einsturz und das Zusammenbrechen zu verhindern, indem man Provisorien einzieht, Notlösungen vornimmt und zuweilen kühne Konstruktionen zulässt. Europa ist das stetige Bemühen, überall dort Brücken zu bauen, wo sich unüberwindbare Gräben auftun.
Brücken werden zumeist aus materiellen Überlegungen errichtet, um Handel zu treiben, um miteinander in Kontakt zu treten. Einmal errichtet werden sie bald zur Selbstverständlichkeit. Erst wenn sie zerstört sind, merkt man, wie wichtig sie sind. Wie die Brücke von Mostar, die Brücke über die Drina in Vysegrad oder die Donaubrücke in Novi Sad.
Europa ist geworden, es wurde nicht auf dem Reißbrett konzipiert. Es ist gewachsen aus der Einsicht der Menschen, etwas falsch gemacht zu haben. Das zugrundeliegende Motiv: es besser zu machen und die Selbstzerfleischung nicht mehr zuzulassen.
Es gab viele Anläufe zu einem gemeinsamen Europa. Zunächst blieb dies auf wenige Weitsichtige beschränkt. Die Mehrheit erlag nur allzu leicht immer wieder dem berauschenden Gift des Nationalismus. Von Niederlage zu Niederlage freilich schwoll das Lager der Einsichtigen an. Die große Katastrophe des Zweiten Weltkriegs erlaubte schließlich einen Paradigmenwechsel, einen Neubeginn.
Von links: Konsul Sidik Spahic, Professor Dr. Josef Weidenholzer, Melika Malesevic, Herbert Hofauer, Karin Benzing, Helmut Häring (AWO-Kreisvorsitzender Altötting), AWO-Ehrenvorsitzender Seban Dönhuber und Adi Renoth.
Die vollständige Rede zum Nachlesen- PDF-Download
Artikel zum Nachlesen: AWO Bezirksverband Oberbayern e.V.
Josef Weidenholzer, oder einfach kurz Joe, ist seit 1. Dezember 2011 Mitglied des Europäischen Parlaments. Sein größtes Anliegen ist es in die Europäischen Union eine soziale Kompnente hineinzubringen und die Politik die dort passiert offener zu gestalten. In diesem Beitrag spricht er über Herausforderungen und Aufgaben die nun auf ihn zukommen.
Presseaussendung vom 22. Februar 2012
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Kritisch beurteilen die beiden SPÖ-EU-Abgeordneten, Jörg Leichtfried und Josef Weidenholzer die Ankündigung der Kommission, das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen: „Das Vorgehen der Kommission ist halbherzig. Eine Prüfung durch den EuGH trifft nicht den Kern des Problems, denn wie das Internet in der Zukunft ausgestaltet sein soll, ist keine rein rechtliche, sondern eine politische Frage. Die Kommission darf sich vor dieser Diskussion nicht drücken, sondern muss Stellung beziehen“, so die beiden Europaparlamentarier. Mit ACTA stelle die Kommission ihre Unfähigkeit zur Schau, während auf der einen Seite Viviane Reding an einer Datenschutzrichtlinie arbeite, werde dieses Vorhaben mit ACTA nun ad absurdum geführt. ****
Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für Justiz, bürgerliche Freiheiten und Inneres (LIBE), betont, dass man sich von Seiten des EU-Parlaments mit den grundlegenden Fragen von Meinungsfreiheit und Privatsphäre beschäftigen wird. „Der LIBE-Ausschuss wird öffentlich darüber diskutieren, ob ACTA mit der Grundrechtecharta der EU vereinbar ist und einen ausführlichen Bericht über die Ergebnisse vorlegen“, sagt Weidenholzer. Delegationsleiter Leichtfried ergänzt, dass frühere Entscheidungen des EuGH gezeigt hätten, dass diese oftmals im Interesse der Wirtschaft fallen würden, es sei daher keine kritische Stellungnahme von Seiten des EuGH zu erwarten.
Insgesamt, so die beiden Abgeordneten, müsse Europa über ein neues Urheberrecht nachdenken: „Das geltende europäische Urheberrecht wird den vielen neuen Möglichkeiten, die das Internet eröffnet, nicht mehr gerecht, Rechtsordnung und Alltagswirklichkeiten klaffen auseinander.“ Zu überlegen wäre eine Weiterentwicklung des europäischen Urheberrechts in Hinblick auf eine fair-use-Klausel nach amerikanischem Vorbild, die die nicht-kommerzielle Nutzung von Inhalten in gewissen Bereichen zulässt.
Artikel auf orf.at vom 16. Februar 2012
In einem offenen Brief an die Bundesregierung haben zahlreiche SPÖ-Mandatare aus EU-Parlament, Bund und Ländern gefordert, die Ratifizierung des umstrittenen Handelsabkommens ACTA sofort zu stoppen. Die EU-Fraktion der Liberalen hat beschlossen, ACTA vom EuGH prüfen zu lassen.
„Mit der Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses und der nachfolgenden Verankerung in den verschiedenen nationalen Gesetzgebungen würde der vorliegende Text in seiner kaum greifbaren, schwammigen Formulierung das Ende des Internets, wie wir es heute kennen bedeuten“, heißt es in dem Brief der SPÖ-Mandatare. Sie fordern den „den sofortigen Stopp des Ratifizierungsprozesses in Österreich, eine Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof und eine Neuaufnahme der Verhandlungen, unter Garantie von Transparenz und demokratischer Meinungsbildung.“
Unterzeichnet haben unter anderen die Nationalratsabgeordneten Sonja Ablinger und Elisabeth Hakel, die EU-Abgeordneten Jörg Leichtfried, Evelyn Regner, Karin Kadenbach und Josef Weidenholzer, sowie SJ-Verbandsvorsitzender Wolfgang Moitzi und VSSTÖ-Bundesvorsitzende Mirijam Müller.
Kritik aus ÖVP und Opposition
Mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Integrationsstaatssekretär und JVP-Chef Sebastian Kurz haben auch zwei gewichtige Stimmen der ÖVP einen Stopp des Ratifizierungsprozesses in Österreich gefordert haben, bis das EU-Parlament zu einer Entscheidung gefunden hat. Dort wird ACTA nun im Lauf der kommenden Wochen in den zuständigen Ausschüssen geprüft.
Auch Vertreter der Oppositionsparteien haben sich gegen die ACTA-Ratifizierung ausgesprochen. FPÖ-Europamandatar Andreas Mölzer will gegen das Abkommen stimmen, ebenso die Grünen in EU-Parlament und Nationalrat und der unabhängige EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser. Für das BZÖ hat Bundesobmann Josef Bucher die Bundesregierung aufgefordert, die Ratifizierung von ACTA zurückzuziehen. Die Regierung hat das Abkommen zwar unterzeichnet, damit es aber in Kraft treten kann, müssen es die Volksvertretungen auf EU-Ebene und in den Mitgliedsstaaten bestätigen. Die strafrechtlichen Maßnahmen gegen Rechteverletzer, die in ACTA vorgesehen sind, werden nämlich Gesetzesänderungen in einigen Mitgliedsstaaten erfordern.
EuGH soll prüfen
Wie der liberale deutsche EU-Abgeordnete Alexander Alvaro am 15. Februar über den Kurnachrichtendienst Twitter bekanntgegeben hat, wird seine Fraktion im EU-Parlament dafür stimmen, ACTA auf seine Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht auf Grundlage von Artikel 218 Paragraf 11 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen. Diese Variante bevorzugt auch EU-Grundrechtskommissarin Viviane Reding. Würde das Parlament dafür stimmen, würde der Zeitplan für die ACTA-Ratifizierung, die ursprünglich für Juni vorgesehen war, nach hinten verschoben. Der besagte Paragraf legt auch fest, dass ein Vertrag bei einer Ablehnung durch den EuGH nur dann in Kraft treten kann, wenn er oder die EU-Verträge selbst geändert werden.
Das ACTA-Abkommen zwischen den USA, Japan, der EU und weiteren überwiegend westlichen Industriestaaten sieht eine Harmonisierung der Maßnahmen gegen Produktfälscher und unlizenzierten Tausch rechtlich geschützter digitaler Produkte über das Internet vor. Das Abkommen wurde von 2007 bis 2010 hinter verschlossenen Türen verhandelt. Es sieht auch die Einführung eines ACTA-Ausschusses vor, der das Abkommen abseits der Parlamente der Mitgliedsländer weiterentwickeln soll.
Die EU-Kommission steht auf dem Standpunkt, dass ACTA keine Änderungen am Unionsrecht mit sich bringen würde – darin sind allerdings Aspekte wie die möglichen Verschärfungen des Strafrechts in den Mitgliedsstaaten nicht mit eingeschlossen. Kritiker wie die Bürgerrechtsorganisation EDRi lehnen das Abkommen ab, weil es zu einer Kriminalisierung der Internetnutzer führen könne und die Provider über Einschränkungen der Haftungsfreiheit zu einer automatisierten Kontrolle der Inhalte in ihren Systemen zwingen könnte.
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OTS vom 16. Februar 2012
Utl.: SPÖ-Europaabgeordnete erinnern konservative Europaabgeordnete an europäische Standards zu Demokratie und Menschenrechte
Wien (OTS/SK) – Kurz vor der heutigen Abstimmung im Europäischen Parlament zum Entschließungsantrag zu den aktuellen politischen Entwicklungen in Ungarn appellieren die SPÖ-Europaabgeordneten Jörg Leichtfried und Josef Weidenholzer an ihre konservativen Kolleginnen und Kollegen im EU-Parlament, die gemeinsame Resolution von Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und GUE zu unterstützen. „Viktor Orban hat noch immer keine Aktivitäten gesetzt, um die massive und berechtigte Kritik am Rechtsstaat in Ungarn auszuräumen. Darum ist eine klare Botschaft von Seiten des Europäischen Parlaments notwendig“, sagt Jörg Leichtfried, Delegationsleiter der SPÖ-Europaabgeordneten am Donnerstag im Gespräch mit dem SPÖ-Pressedienst. ****
Josef Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, kritisiert: „Ungarn beschränkt massiv die Grundrechte. Obdachlose und Angehörige von Minderheiten sind in großer Gefahr und haben Angst. In Ungarn wird Armut kriminalisiert. Das Schlimme an der ungarischen Regierung ist, dass sie – obwohl die Fakten klar auf der Hand liegen – jegliches Unrechtsbefinden verloren hat. Mit einer Demokratie hat das nur noch wenig zu tun.“ Weidenholzer fordert, dass sich Europa bedingungslos für die Einhaltung von Menschen- und Grundrechten einsetzt. „Wir dürfen nicht zusehen, wie in Ungarn ein autoritäres Regime errichtet wird.“
Es geht bei der heutigen Resolution nicht um eine Pauschalkritik an Ungarn. Ganz im Gegenteil, in der Resolution nennen die Sozialdemokraten acht konkrete Kritikpunkte: Eine unabhängige Justiz ohne willkürliche Änderungen der Amtszeiten der Richter, eine EU-konforme Regelung der ungarischen Nationalbank, Wiederherstellung von Datenschutz und Informationsfreiheit, volle Befugnis für das Verfassungsgericht zur Prüfung sämtlicher Gesetze, Medienfreiheit unter Berücksichtigung von Zivilgesellschaft und Opposition im Medienrat, demokratisches Wahlgesetz, volle Oppositionsrechte sowie keine Registrierung von Religionsgemeinschaften mit parlamentarischer Zweidrittelmehrheit. Von Seiten der konservativen EU-Abgeordneten sei für all diese Punkte heute eine Zustimmung notwendig für die „Wiederherstellung europäischer Werte“ in Ungarn.